Im Zuge der Digitalisierung befinden sich zahlreiche Branchen in ständigem Wandel. Auch die Pharmaindustrie bildet hier keine Ausnahme und weist bereits grundlegende Veränderungen auf. Die Kommunikation zwischen Pharmaunternehmen, Healthcare-Professionals und Patienten hat sich dank neuer Technologien weiterentwickelt und auf zusätzliche Kanäle ausgedehnt.
War früher noch ein einziger Vertriebskanal ausreichend, um den Austausch zwischen Ärzten und Pharmavertretern zu gewährleisten, ist heute ein vielschichtiges Konzept, das mehrere Kanäle untereinander verknüpft, notwendig. Denn bereits die Hälfte der Ärzte haben Besuchsbeschränkungen für Außendienstmitarbeiter eingeführt, sodass ein persönlicher Besuch selten bis gar nicht mehr stattfindet und somit neue Kommunikationswege eingeschlagen werden müssen. Aber wie kam es genau zu dieser Entwicklung? Wie sah der kommunikative Austausch zwischen den einzelnen Instanzen vor der digitalen Transformation aus? Welche Vorteile bringt der zukünftige Ansatz der Omni-Channel-Strategie für die Gesundheitsbranche? Ein kleiner Exkurs in die Geschichte der Pharmaindustrie.
Single-Channel: Die Sales-Strategie machte den Anfang
Mitte der 80er Jahre hat der Pharmaaußendienst den Medizinern noch persönlich Besuche abgestattet und so von einer One-on-one-Verkaufsstrategie profitieren können. Zu dieser Zeit stellten Außendienstvertreter den einzigen Sales-Kanal in der Gesundheitsbranche dar und übernahmen sowohl die Vermittlung von Fachwissen als auch die stark personalisierte Interaktion mit den HCPs. So genoss der Pharmareferent den Status eines Beraters und der Arzt nahm sich dementsprechend genügend Zeit, wenn eine Visite anstand. Das Gespräch diente dazu, neue Produkte zu präsentieren, aktuelle Studien zu besprechen und Probleme zu erörtern. Die Kommunikation verlief dabei analog, denn es gab nur eine Zielgruppe, einen Kanal und eine Message. Die Besuche fanden bei Ärzten sowie in Kliniken während der regulären Öffnungszeiten statt, wobei pro Tag acht bis zwölf HCPs beraten werden konnten. Durch den persönlichen Kontakt zu den Ärzten entwickelte sich auch ein Vertrauensverhältnis, das für die Pharmaindustrie bis heute eine wichtige Rolle spielt. Doch mit dem Einbruch der Digitalisierung standen viele Pharmavertreter plötzlich vor verschlossenen Türen. Die Selbstbestimmung der Ärzte und Patienten wuchs, die Kassen bauten ihren Einfluss weiter aus und den Ärzten stand immer weniger Budget zur Verfügung. Der Außendienst konnte somit nicht mehr die einzige Informationsquelle bleiben. Es war an der Zeit für neue Kommunikationslösungen.
Der Umstieg zum Multi- und Cross-Channel dank digitalen Wandels
Der persönliche Kontakt mit den Ärzten verlor immer mehr an Bedeutung.
Die Mediziner waren schlechter zu erreichen, sodass sich der Einsatz des Außendienstes nicht mehr lohnte. Viele HCPs stiegen auf digitale Kommunikationskanäle, wie soziale Medien oder Chats, um. Die relevanten Informationen über die Pharmaindustrie holten sie sich nun durch gestreamte Videos oder Webinare. Diese Entwicklung verlangte nach einer Umstrukturierung des Pharmamarketings und einer Ausweitung der Kommunikation auf weitere Kanäle. Der neu eingeführte Einsatz digitaler Medien ermöglichte den Pharmaunternehmen, kundenorientierter zu arbeiten und die Zielgruppe effizienter zu erreichen. So wurden die HCPs über digitale Medien, per Post und durch persönliche Gespräche kontaktiert. Dabei wurden die Kanäle nicht aufeinander abgestimmt, sondern existierten nebeneinander, sodass nicht alle Informationen die Kunden erreichen konnten. Aufgrund der Informationsüberflutung, die der Digitalisierung und Vielfalt der Kommunikationskanäle geschuldet war, nutzten die Ärzte die digitalen Quellen immer häufiger und umfangreicher. Um die Bedürfnisse der Zielgruppe noch stärker in den Vordergrund zu stellen und weiterhin von den Healthcare-Professionals wahrgenommen zu werden, erweiterte die Pharmaindustrie ihre Multi-Channel-Aktivitäten um eine Cross-Channel-Strategie.Der grundlegende Unterschied zum Multi-Channel-Ansatz bestand darin, dass sich die Kunden beim Cross-Channel-Ansatz über das gleiche Angebot über mehrere Kanäle informieren konnten. Auf diese Weise wurden Offline-Kanäle, wie Print, Events, persönliche Beratung, mit den Online-Quellen, wie zum Beispiel Webseiten oder Newsletter, verknüpft. Beim Wechsel auf andere Kanäle fand kein Informationsverlust mehr statt. So war es für Mediziner möglich, sich beispielsweise online zu informieren und anschließend problemlos in einem Außendienst-Termin weitere Schritte einzuleiten. Die Kundendaten blieben dabei dank einer umfassenden Datenbank ebenfalls erhalten.
Omni-Channel: Personalisierte Botschaften und Erlebnisse für die Kunden schaffen
Aktuell bestimmen die Kunden selbst, wie, wann und woher sie relevante Informationen einholen. Für die Pharmavertreter hat das zur Folge, dass die digitale Kommunikation an die jeweiligen Kunden individuell angepasst werden muss. Auf diese Weise erhalten Ärzte, MFAs und Apotheker personalisierte Botschaften, die sie immer und überall abrufen können. Der persönliche Kontakt ist jedoch weiterhin nicht wegzudenken und trägt erheblich zum Erhalt der Vertrauensbasis zwischen Pharmareferenten und HCPs bei. Für ein optimales Kommunikationserlebnis müssen also sowohl Offline- als auch Online-Kanäle clever miteinander kombiniert werden. Zu diesem Zweck ist eine Zusammenarbeit des Außen- und Innendienstes unabdingbar.
Dementsprechend kann heutzutage der erste Kontakt auf digitaler Ebene im Tandem durch den Innendienst aufgenommen werden. Dies kann per E-Mail, Newsletter oder auch Messenger zu Stande kommen und eine schnelle sowie umfassende Auskunft liefern. Als Ergänzung dazu informiert ein Multi-Channel-Manager die Mediziner über spezifische Präparate, branchenrelevante Neuigkeiten, Kongresse oder auch Weiterbildungen. Wurde beim Kunden Interesse geweckt, kann ein Termin mit dem Außendienst vereinbart werden. Dank einer umfassenden Datenbank ist der Pharmareferent in der Lage, auf die Informationen aus dem Vorgespräch zuzugreifen und beim Treffen mit dem HCP daran anzuknüpfen. Außerdem kann der Austausch nicht nur analog, sondern auch digital verlaufen und beispielsweise per Tablet in Echtzeit mit zusätzlichen Grafiken sowie Videos übertragen werden. So erhält der Arzt in nur einem Termin alle Informationen, die für ihn persönlich relevant sind. Dieser Ansatz zwingt den Pharma-Außendienst dazu, flexibel zu sein und sich an die individuellen Wünsche der Kunden anzupassen. So muss sich ein erfolgreicher Vertriebler zu einem Kommunikationsmanager entwickeln und selbstverständlich auf allen Pfaden der digitalen Kommunikation bewegen können.
Folglich wird der Kunde beim Omni-Channel-Management über eine breite Auswahl an Kommunikationskanälen informiert, wobei die Inhalte individuell an seine Bedürfnisse angepasst werden. Diese Anpassungsstrategie trägt dazu bei, dass HCPs den Pharmaunternehmen gegenüber mehr Vertrauen aufbauen und sich direkter angesprochen fühlen. Die personalisierte Ansprache wirkt sich außerdem positiv auf ROI, die Response-Rate und letztendlich die Verschreibungsraten aus. Hierbei ist es wichtig, die Customer Journey jedes einzelnen Kontakts im Blick zu behalten und die Kanäle aufeinander abzustimmen. Dabei können Fragen wie „Wo steht der Kunde? Ist das Produkt neu für ihn oder bereits bekannt?“ dazu verhelfen, die passenden Maßnahmen zu finden.
Fazit
Digitalisierung zum eigenen Vorteil nutzen
Die Digitalisierung hat die Kommunikation zwischen Pharmaunternehmen, HCPs und Patienten revolutioniert. Heute ist es möglich, die individuellen Bedürfnisse der Kunden dank einer Kommunikationsdatenbank genau zu bestimmen und im Austauschprozess stärker in den Vordergrund zu stellen. Während früher dem klassischen Außendienst lediglich die Grundinformationen zu seinen Kontakten wie Name, Alter, Adresse und Fachgebiet zur Verfügung standen, sind heutzutage durch die genaue Analyse weitere Inhalte, wie Themen- und Kanalpräferenzen, sichtbar. Dies wiederum dient einer personalisierten Ansprache. Die HCPs profitieren von einer „maßgeschneiderten“ Kommunikation und erhalten so Informationen, die für sie relevant sowie zu jedem Zeitpunkt auf beliebigen Kanälen zugänglich sind. Die Unternehmen müssen den Trend erkennen und ihre Strategien umstrukturieren, um von der digitalen Transformation zu profitieren. Im Laufe der Zeit wird dieser Wandel zu einer besseren Versorgung der Patienten führen und die empfindliche Beziehung zwischen den einzelnen Instanzen des Gesundheitssystems stärken.